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Wanderer

In sich gekehrt betrachtete der Wanderer zwischen den Welten im kühl über die Berge streifendem Frühsommerwind das Tal. Er war auf der Suche nach einer Aufgabe. Einer Aufgabe die sich nicht einfach durch seine Unsterblichkeit von selbst löste. Irgendwann in den letzten Äonen war das Gefühl gewachsen, bereits alles getan zu haben. Große Schlachten hatte er geschlagen, Weltreiche aufsteigen und untergehen lassen. Die große Politik bot selten Abwechslung.

Hier und da ließ er die Wissenschaft fortschreiten. Seltsamerweise waren die Gesetze der Physik fast überall gleich, während sich die der Magie stark voneinander unterschieden.

Der Technische Stand hier würde wohl von künftigen generationen beschrieben werden als späte Eisenzeit, kurz vor Entdeckung des Schießpulvers.

Auf dieser Welt also wollte sich der Wanderer des Schicksales eines sterblichen Menschen annehmen. Nur so konnte er es vermeiden, unendlich viel Zeit zu haben. Denn auch wenn er selbst nicht sterben konnte gab es auf diese Weise ein Leben, auf das er aufpassen musste.

Sein Äußeres hatte er, um nicht aufzufallen dem eines fahrenden Gelehrten dieser Welt angepasst. So stand er wartend da, auf seinen Wanderstab gestützt. Fern am Horizont streifte ein einzelner Drache durch die klare Luft. Ein geringer Hinweis, daß diese Welt nicht so friedlich war, wie es auf den ersten Blick den Anschein hatte.

Genausowenig wie dies eine friedliche Idylle war, war sein Standort zufällig gewählt. Bald würde hier eine Wandergruppe vorbeikommen. Nicht jedoch friedlich, sondern auf der Flucht. Es handelte sich bei ihnen um den letzten Nachfahren des alten Regenten dieser Lande, mit seinem verbliebenem Gefolge. Von den neuen Eroberern vertrieben suchte er nun bei den freiheitsliebenden Bergvölkern verbündete, um einen letzten verzweifelten und aussichtslosen Befreiungsschlag gegen die aus dem Norden herandrängenden Drachenherren zu führen.

Zum ersten mal in seinem unendlichen Leben war sich der Wanderer nun nicht sicher, ob er bei seiner selbstgewählten Aufgabe Erfolg haben würde. Alles hieng ab vom Überleben des Prinzen. Jedoch verbesserten sich dessen Chanzen deutlich, mit einem unsterblichen in seinen Reihen. Kurz darauf ritt die erwartete Gruppe um eine Wendung des Bergpfades. Die vorausreitende Wache hielt auf ihn zu.

,,Im Namen von Prinz Astold, dem Rechtmäßigem Beherrscher der Hohen Lande fordere ich Euch auf, Euren Namen und Herkunft preiszugeben.`` Der Arrogante Unterton in seiner Stimme verriet einen Befehlsgewohnten Kämpen. Er war ganz klar nicht bereit, den Kampf gegen die Nordländer aufzugeben.

,,Mein Name und Herkunft würden Euch nicht von hohem Nutzen sein. Ihr jedoch solltet vorsichtiger sein mit dem was Ihr fremden gegenüber ausbrüllt. Die Drachen haben feine Ohren.``

,,Prinz Astold hat es nicht nötig, sich vor irgend jemandem zu verstecken. Wenn Er es jedoch vorzieht Witze zu machen wollen wir sehen, ob ein zerbrechlicher Gelehrter gegen meine Klinge bestehen kann.``

,,Ich mache keine Witze. Viele schon sind an falschem Stolz zur falschen Zeit gestorben. Jedoch habe ich nicht vor mit Euch zu kämpfen. Nun, da wir in die gleiche Richtung unterwegs sind sehe ich keinen Hinderungsgrund, warum wir nicht eine Zeit lang gemeinsam reisen sollten und ich mit euch mein Wissen über die Eroberer aus dem Norden teile.``

,,Aber ich sehe ganz deutlich einen solchen Grund. Nämlich daß Er noch immer nicht gesagt hat wer Er ist. Woher sollen wir wissen, daß Er nicht ein Agent der Drachenherren ist, gesandt uns zu vernichten?``

,,Jetzt macht Ihr Witze. Wüssten die Drachenherren, wo Ihr euch befindet, würdet Ihr Euch als Häufchen Asche wiederfinden. Aber nennt mich Dorgar, wenn Ihr wollt. Den Wanderer zwischen den Welten.``

Nun war der Prinz ebenfalls herangekommen. Dieser war mit seinen 17 Jahren bereits gezeichnet von den Schrecknissen, die er gezwungen war mitzuerleben. ,,Seltsame Titel habt ihr Gelehrten. Vielleicht könnt Ihr mir irgendwann einmal erklähren, was dieser bedeutet. Nun weiß ich, daß im Norden nicht auf solche Titel geachtet wird, sie hier in den Bergen und weiter Südlich jedoch einen großen Wert besitzen können. Da Ihr gesagt habt, Ihr wisset etwas über die Drachenherren werdet Ihr uns von nun an Begleiten. Wir können jedes bischen Information, das wir bekommen können gut gebrauchen. Sucht, ob eines der Packpferde euch trägt.``

So zog nun Prinz Astold mit seinem Gefolge, zu dem nun auch der Wanderer zwischen den Welten gehörte weiter in die Berge, einer ungewissen Zukunft entgegen.


Johannes Bretscher

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