Vorgeschichte in den Alpen
Schon der Vater Joseph August Schlagintweit, am 7.12.1791 im Bayrischen Wald geboren, ist ein
Mann der Wissenschaft. Nach dem Studium der Medizin an der Universität Landshut wird er
in München als praktischer und Augenarzt tätig. 1822 eröffnet er dort eine
Privatklinik für Augenkrankheiten.
Mit Rosalie Seidl, einer gebürtigen Högersbräuerin, die Joseph Schlagintweit 1824
ehelicht, erfährt das Haus Schlagintweit neue Einflüsse. Die neue Hausherrin
beschäftigt sich leidenschaftlich mit den schönen Künsten.
Am 13.05.1826 wird Hermann als erster von fünf Brüdern geboren, Adolph am 09.01.1829,
Robert am 27.10.1833, sowie die Brüder Emil und Eduard.
Früh wird den Jungen eine umfassende Erziehung zu teil. Hauslehrer übernehmen auf
Geheiß des Vaters eine gesonderte naturwissenschaftliche Ausbildung. Doch auch der
Einfluß der Mutter, der Kunstliebhaberin, bleibt nicht fruchtlos. Kurse des
Münchener Malers Dillis werden besucht, das Auge der Kinder dem Kunstgenuß
geöffnet. Als die Jungen 1839 die Mutter bei der Geburt des sechsten Kindes verlieren,
verbleibt ihnen das Erbe künstlerischer Begabung und Begeisterung.
1842 unternehmen Hermann und Adolph die erste große Bergwanderung, eine prägende
Erfahrung.
Die Fußreise, die ihren Anfang in Wessebronn hat, führt sie zunächst nach
Tegernsee zu den "prächtig gekleideten Städtern, Herren mit Federhüten und
Fracks, Damen in Samt und Seide, die mit der einfach erhabenen Pracht der Natur, die uns hier
umgibt, einen lächerlichen Kontrast bilden" - so urteilt Adolph später.
Weitere Stationen sind der Achensee und das Zillertal, Innsbruck und die Partnachklamm, "eine
schaudervolle Kluft". Die Reise vermittelt den jungen Wanderern einen intensiven Kontakt mit
den Geheimnissen der Bergwelt.
So ist es wenig verwunderlich, daß Hermann sein auf Wunsch des Vaters begonnenes
Medizinstudium
bald zugunsten der Geographie aufgibt. 1847 erscheint eine erste wissenschaftliche
Veröffentlichung: "Gletscher des Ötzthales". Umfangreiche geologische, glaziologische
und botanische Untersuchungen verschiedener Alpenregionen folgen. Dabei unterstützt Adolph
mit großem Interesse die Arbeit des Bruders Hermann, sooft ihm die Schule Freizeit
läßt.
Im Sommer 1848 gelingt den Brüdern während Forschungsarbeiten an der Pasterze an
"ein paar warmen Tagen" die Besteigung des Großglockners, auch Similaun und Wildspitze
werden später erklommen.
Die Ergebnisse ihrer Alpenforschung schreiben die Brüder 1849 in ihrem ersten gemeinsamen
Buch: "Untersuchungen über die physikalische Geographie der Alpen und ihre Beziehung zu
den Phänomenen der Gletscher, zur Geologie, zur Meteorologie und Pflanzengeographie"
nieder. Auf diese und weitere Veröffentlichungen gründet auch der nach der
Übersiedlung nach Berlin entstehende, fruchtbare Kontakt zu dem bereits hochbetagten
Alexander von Humboldt.
In Berlin habilitierte Hermann Schlagintweit, Adolph in München. Das Augenmerk verbleibt
jedoch weiter in
der Alpenregion, so wird im Sommer 1851 der Monte Rosa bestiegen. Jedoch zwingen "Einzahnungen
im Kamme" und "die Steilheit der Felsen" die Brüder, 7 Meter vor dem Gipfel des Monte
Rosa umzukehren.
In diesen Jahren sammeln die Brüder Schlagintweit wichtige Erfahrungen für die
späteren Forscherjahre in Indien.
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© Michael Schlagintweit
28.09.2002